Aquakulturen sind eine zusätzliche Belastung für die überfischten Ozeane
Der Gedanke ist auf den ersten Blick naheliegend: Wenn die massive Befischung unserer Ozeane die Bestände an den Rand des Kollapses bringt, dann könnten Fisch– und Krebstierzuchten eine Entlastung bringen. Doch die Realität ist eine andere. Aquakulturen befeuern die Überfischung zusätzlich.
Wildfisch als Futter für Zuchtfisch
Über die Hälfte aller konsumierten Fische stammt heute aus Zuchten. Dieser Anteil nimmt weiterhin zu. Viele der beliebten Speisefische wie Lachs oder Thunfisch in Aquakulturen müssen unter anderem mit Fischöl und Fischmehl von wild gefangenen Fischen gefüttert werden. Etwa die Hälfte des weltweiten Fangs von wild lebenden Flossenfischen wird deshalb zu Futtermittel (Bsp. Pellets mit Fischmehl und -öl) verarbeitet. Dabei könnten diese Fische auch als direkte Nahrungsquelle dienen.
Lachs
Der Atlantische Lachs ist einer der beliebtesten Speisefische. Der ursprünglich als Edelprodukt gehandelte Fisch wird heute massenweise insbesondere in Norwegen aber auch in anderen Ländern gezüchtet und vermarktet.
- Fütterung: Lachse sind Fleischfresser und so besteht ein grosser Teil des Futters aus Fischmehl und Fischöl, das aus wild gefangenen Fischen gewonnen wird. Gemäss Schätzungen werden 440 wild gefangene Schwarmfische benötigt um einen Zuchtlachs aufzuziehen, der dann nur noch 28% der ursprünglichen Proteine enthält.
- Tierleid: Die Zustände in vielen Lachszuchten sind katastrophal: Die Tiere sind von Parasiten wie Seeläusen sowie mit Bakterien befallen, die die Tiere bei lebendigem Leib auffressen. In Norwegen sind 2023 rund 63 Millionen Zuchtlachse und damit rund ein Sechstel des gesamten Zuchtbestandes durch Infektionskrankheiten qualvoll verendet. Die Parasiten befallen zudem auch die Wildlachse in der Umgebung der Aquakulturen, da sich letztere in Netzgehegen im offenen Meer befinden.
- Gesundheitsrisiko: Verschiedene Studien belegen, dass der atlantische Zuchtlachs im Vergleich zu seinen wildlebenden Artgenossen viel stärker mit Schadstoffen wie PCBs und Dioxinen belastet ist – Zuchtlachskonsument:innen gehen ein gesundheitliches Risiko ein.
Thunfisch
Die Zucht von Thunfischen war lange Zeit nicht möglich, da sich die Tiere in Gefangenschaft nicht vermehrten. In Japan gelang die Zucht schlussendlich unter grossem technischen und finanziellen Aufwand. Dennoch ist sie für die Industrie ein lukratives Geschäft, denn der Verkauf von Thunfischen erzielt Spitzenpreise auf dem Markt.
- Fütterung: Die Zuchtfische werden mit Pellets aus Fischmehl und Fischöl gefüttert. Für 1 Kilogramm Thunfisch sind bis zu 15 Kilogramm Wildfische nötig. Um 1 Kilogramm Luxusfisch zu erzeugen, müssen also zahlreiche Wildfische getötet werden.
- Gefahr für Wildbestände: Bei Zuchtgehegen im Meer gelangen die Ausscheidungen der gezüchteten und gemästeten Tiere mit Krankheitserregern sowie teilweise zugesetzten Antibiotika ins umliegende Meerwasser. Krankheitserreger verbreiten sich im Wasser schnell und können lokale Fischbestände wie Anchovis oder Sardinen befallen. Für lokale Fischer kommt dies einer Katastrophe gleich.
Garnelen
Garnelen – auch Shrimps oder Crevetten genannt – sind Krebstiere, die als Delikatesse gelten und immer häufiger auf den Tellern landen. Deshalb hat die Zucht von Garnelen insbesondere im asiatischen Raum Hochkonjunktur.
- Klimawandel und Küstenschutz: Für die Garnelenzucht werden unter anderem in Bangladesch, Thailand, Indonesien und auf den Philippinen riesige Mangrovengebiete gerodet. Mangroven sind aber ausgesprochen effiziente CO2-Speicher und im Kampf gegen den Klimawandel unerlässlich. Zudem verlieren die Küsten durch die Rodungen ihren Schutz vor Erosion.
- Verlust der Artenvielfalt: Mangrovenwälder sind wichtige Kinderstuben und Lebensräume für Fische und andere Meereslebewesen. Wenn sie aufgrund der Garnelenzucht verschwinden, ist die lokale Artenvielfalt gefährdet und die einheimische Bevölkerung verliert ihre Nahrungsquellen.
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